Verfahren bei der Ausübung des Prisenrechts
Artikel 54
Bei de Ausübung des Prisenrechts sind alle Maßnahmen mit möglichster Rücksichtnahme auf die Betroffenen durchzuführen.Anhalten und Durchsuchung
Artikel 55
(1) Anhaltung und Durchsuchung werden vorgenommen, um die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich des Fahrzeugs zu treffen ¹)(2) Sie führen zur Entlassung oder zur Aufbringung des Fahrzeugs.
¹) Die Feststellungen beziehen sich zunächst auf die feindliche oder neutrale Eigenschaft des Schiffes (Artikel 6). Ergibt sich aus dem Schiffszertifikat oder Flaggenattest sowie dem Meßbrief die feindliche Eigenschaft des Schiffes oder erweist sich dessen Nationalität als unsicher oder liegt unzulässiger Flaggenwechsel vor (Artikel 7), so bedarf es für die Aufbringung des Schiffes keiner weiteren Prüfung, es sei denn, daß der Kapitän das Vorliegen eines Befreiungsgrundes gemäß Artikel 18-20 der Prisenordnung. behauptet. Steht die neutrale Eigenschaft des Schiffes fest, so ist zu prüfen, ob einer der zur Aufbringung bzw. Einziehung des Schiffes gemäß Artikel 14 berechtigten Gründe vorliegt. Für diese Feststellungen sind von Bedeutung:
das Schiffstagebuch, Maschinentagebuch, Funktagebuch, der etwa an Bord befindlicher Chartervertrag über das Schiff, die Ladungspapiere sowie die amtlichen Zoll- und Hafenpapiere, die Musterrolle über die Besatzung nebst Gesundheitspaß, die Fahrgastliste sowie die im Besitz der einzelnen Besatzungsmitglieder und Fahrgäste befindlichen
Personalausweise (Seefahrtsbücher, Pässe).
das Schiffstagebuch, Maschinentagebuch, Funktagebuch, der etwa an Bord befindlicher Chartervertrag über das Schiff, die Ladungspapiere sowie die amtlichen Zoll- und Hafenpapiere, die Musterrolle über die Besatzung nebst Gesundheitspaß, die Fahrgastliste sowie die im Besitz der einzelnen Besatzungsmitglieder und Fahrgäste befindlichen
Personalausweise (Seefahrtsbücher, Pässe).
Artikel 56
Die Anhaltung umfaßt das Verfahren von der Aufforderung zum Stoppen bis zur Prüfung der Schiffspapiere einschließlich.Artikel 57
Für die Anhaltung gilt folgendes Verfahren:- Das anzuhaltende Fahrzeug wird durch Signal oder durch einen Warnungsschuß zum Stoppen aufgefordert. Spätestens mit dieser Aufforderung setzt das Kriegsschiffseine Flagge.
Stoppt das Fahrzeug nicht, so wird ein scharfer Schuß über das Fahrzeug hinweg oder vor seinen Bug abgegeben.
Stoppt das Fahrzeug auch dann nicht oder leistet es Widerstand ¹) , so wird es mit Gewalt zum Stoppen gezwungen. - Hat das Fahrzeug gestoppt, so wird ein Kommando an Bord gesandt. Der Führer des Kommandos prüft die Schiffspapiere. Ist aus besonderen Umständen die Entsendung eines Kommandos nicht möglich, so darf ausnahmsweise verlangt werden, daß die Schiffspapiere zur Prüfung an Bord des Kriegschiffs gebracht werden.
¹) Über Widerstand und Fluchtversuch siehe Artikel 35 (nebst Anmerkung) und Artikel 36.
Artikel 58
(1) Falls aus den Schiffspapieren allein hinreichende Aufklärung nicht gewonnen wird ¹), erfolgt die Durchsuchung des Fahrzeugs.(2) Die Durchsuchung besteht in der Befragung von Kapitän, Besatzung und Fahrgästen sowie in der Untersuchung von Fahrzeug und Ladung zum Zweck der Nachprüfung der Papiere und ihrer Angaben auf Richtigkeit und Vollständigkeit ²).
¹) Erweist sich das Schiff als unverdächtig, so ist es unverzüglich zu entlassen. Etwaige Beanstandungen des Handelschiffskapitäns sind schriftlich niederzulegen.
²) Von dem Kapitän und der Besatzung des Schiffes kann verlangt werden, daß sie alle für die prisenrechtlichen Feststellungen erforderlichen Maßnahmen unterstützen. Sie können aber dazu nicht mit Gewalt gezwungen werden. Wird das Ersuchen um Unterstützung nicht befolgt, so findet Artikel 35 Anwendung.
²) Von dem Kapitän und der Besatzung des Schiffes kann verlangt werden, daß sie alle für die prisenrechtlichen Feststellungen erforderlichen Maßnahmen unterstützen. Sie können aber dazu nicht mit Gewalt gezwungen werden. Wird das Ersuchen um Unterstützung nicht befolgt, so findet Artikel 35 Anwendung.
Artikel 59
Die Durchsuchung neutraler Postdampfer soll nur im Notfall unter möglichster Schonung und mit möglichster Beschleunigung vorgenommen werden.Kursanweisung
Artikel 60
Kursanweisung ist der Befehl an ein Fahrzeug, sich zur Durchführung der Anhaltung oder der Durchsuchung an eine bestimmte Stelle zu begeben.Artikel 61
Die Kursanweisung zum Zweck der Anhaltung ist zulässig, wenn- dringende Verdachtsgründe bestehen und
- die Anhaltung wegen des Zustands der See, der Gefahr feindlicher Einwirkung oder der Beschaffenheit des anhaltenden oder des anzuhaltenden Fahrzeug nicht sofort durchgeführt werden kann.
Artikel 62
Die Kursanweisung zum Zweck der Durchsuchung ist zulässig, wenn- nach der Anhaltung noch dringende Verdachtsgründe bestehen und
- die Durchsuchung des Fahrzeugs an Ort und Stelle unmöglich oder unzweckmäßig ist ¹).
¹) z.B. wegen Feindnähe, ungünstiger Witterung oder Umfang und Art der Ladung.
Artikel 63
(1) Ein Fahrzeug, das der Kursanweisung nicht Folge leistet, kann mit Gewalt dazu gezwungen werden.(2) Es unterliegt der Aufbringung.
Aufbringen des Fahrzeugs
Artikel 64
Die Aufbringung erfolgt durch Übernahme der Befehlsgewalt über das Fahrzeug.Artikel 65
(1) Das Fahrzeug wird durch ein Prisenkommando besetzt ¹).(2) Der Führer des Prisenkommandos ist berechtigt, die Kriegsflagge zu setzen. Durch das Heißen der Kriegsflagge wird die Prise nicht zum Kriegsschiff.
¹) Der Führer des Prisenkommandos hat für die sichere Einbringung des Schiffes gemäß Artikel 69 und für die Beobachtung der Bestimmungen über die Behandlung der Ladung sowie der Besatzung und Fahrgäste Sorge zu tragen. Er veranlaßt die Fortführung des Schiffstagebuchs und führt selbst von seinem Anbordkommen ein Tagebuch, in das alle die weitere Reise des Schiffes betreffenden Ereignisse einzutragen sind.
Der Führer des Prisenkommandos ist für die Navigation verantwortlich, die Schiffsbesatzung hat jedoch nach seinen Weisungen ihre bisherigen Dienst weiter zu versehen.
Aus der Ladung dürfen gegen Quittung Güter entnommen werden, deren der Führer des Prisenkommandos zur Durchführung seiner Aufgaben bedarf. Ist die Einbringung des Schiffes undurchführbar und liegen die Voraussetzungen der Artikel 72ff. vor, so ist seine Zerstörung statthaft.
Artikel 66
Ist die Besetzung des Fahrzeugs durch ein Prisenkommando nicht möglich, so wird das Fahrzeug angewiesen, seine Flagge niederzuholen und Fahrt und Kurs nach den Befehlen des Kriegsschiffs zu regeln.
Der Führer des Prisenkommandos ist für die Navigation verantwortlich, die Schiffsbesatzung hat jedoch nach seinen Weisungen ihre bisherigen Dienst weiter zu versehen.
Aus der Ladung dürfen gegen Quittung Güter entnommen werden, deren der Führer des Prisenkommandos zur Durchführung seiner Aufgaben bedarf. Ist die Einbringung des Schiffes undurchführbar und liegen die Voraussetzungen der Artikel 72ff. vor, so ist seine Zerstörung statthaft.
Artikel 66
Ist die Besetzung des Fahrzeugs durch ein Prisenkommando nicht möglich, so wird das Fahrzeug angewiesen, seine Flagge niederzuholen und Fahrt und Kurs nach den Befehlen des Kriegsschiffs zu regeln.
Artikel 67
(1) Die an Bord des Fahrzeugs vorgefundenen Papiere sind in Verwahrung zu nehmen ¹); es ist ein Verzeichnis der Papiere anzusetzen ²).(2) Ausrüstung und Ladung des Fahrzeugs sind sicherzustellen.
(3) Dem Kapitän des Fahrzeugs soll nach Möglichkeit eine Bescheinigung über die Aufbringung ausgehändigt werden.
¹) Bei Besetzung mit Prisenkommando Verwahrung der Papiere durch den Prisenoffizier, andernfalls Verwahrung durch den Kommandanten. Die Papiere sind nach Möglichkeit von dem Kommandanten und dem Kapitän zu versiegeln.
²) Das Verzeichnis ist von dem Kommandanten und dem Kapitän zu unterschreiben. Verweigert der Kapitän seine Unterschrift oder sein Siegel, so ist dies zu vermerken.
²) Das Verzeichnis ist von dem Kommandanten und dem Kapitän zu unterschreiben. Verweigert der Kapitän seine Unterschrift oder sein Siegel, so ist dies zu vermerken.
Beschlagnahme des Guts
Artikel 68
(1) Die Beschlagnahme des Guts erfolgt mittels Aufbringung des Fahrzeugs.(2) Das Gut kann jedoch für sich allein beschlagnahmt werde:
- 1. wenn der Kapitän bereit ist, es zu übergeben;
- 2. wenn das Fahrzeug weder eingebracht werden kann, noch zerstört werden darf;
- 3. wenn das Fahrzeug zerstört wird.
Einbringung
Artikel 69
(1) Aufgebrachte Fahrzeuge oder beschlagnahmtes Gut sind so schnell wie möglich in einen Hafen des Reichs oder seiner Verbündeten einzubringen und dort zur Verfügung des Reichskommissars zu stellen.(2) Die Einbringung darf in einen neutralen Hafen erfolgen, wenn der neutrale Staat gestattet hat, daß Prisen dort bis zur Entscheidung des Prisengerichts in Verwahrung gehalten werden ¹).
¹) Die Durchfahrt von Prisen durch das neutrale Hoheitsgewässer ist statthaft. Das Anlaufen eines neutralen Hafens wegen Seeuntüchtigkeit des Schiffes, ungünstiger See oder wegen Mangels an Betriebsstoffen und Vorräten richtet sich nach den dafür geltenden Neutralitätsbestimmungen. (Vgl. Art. 21 des XIII. Haager Abkommens betr. die Rechte und Pflichten der Neutralen im Falle eines Seekrieges)
Gebrauch von Fahrzeugen, Gütern und Vorräten vor der Einbringung
Artikel 70
(1) Aufgebrachte feindliche Fahrzeuge können, wenn nötig, vor der Einbringung im Dienst der Wehrmacht gebraucht werden.(2) Das gleiche gilt für aufgebrachte neutrale Fahrzeuge, die wegen Fahrens in feindlichem Geleit, wegen gewaltsamen Widerstands oder wegen Teilnahme an Kampfhandlungen der Einziehung unterliegen.
(3) Zur Erfüllung von Pflichten der Menschlichkeit können auch aufgebrachte neutrale Fahrzeuge, die aus anderen Gründen der Einziehung unterliegen, vor der Einbringung im Dienst der Wehrmacht gebraucht werden ¹)
¹) Z.B. zur Beförderung der Besatzungen versenkter Schiffe.
Artikel 71
Die der Einbeziehung unterliegenden Güter und Vorräte aufgebrachter feindlicher oder neutraler Fahrzeuge können, wenn nötig, vor der Einbringung für den Bedarf der Wehrmacht, insbesondere für den Bedarf des aufbringenden Fahrzeugs, gebraucht werden.Zerstörung von Fahrzeugen und Gütern
Artikel 72
Aufgebrachte feindliche Fahrzeuge ¹) dürfen zerstört werden, wenn ihre Einbringung unzweckmäßig oder unsicher erscheint.¹) Das an Bord des Schiffes befindliche Gut darf mit zerstört werden.
Artikel 73
(1) Aufgebrachte neutrale Fahrzeuge dürfen zerstört werden, wenn- ihre Aufbringung wegen Fahrens in feindlichen Geleit, wegen gewaltsamen Widerstands oder wegen feindseliger Unterstützung erfolgt ist und
- ihre Einbringung unzweckmäßig ist oder unsicher erscheint.
- ihre Einziehung mit Sicherheit zu erwarten sein würde und
- ihre Einbringung das aufbringende Fahrzeug einer Gefahr aussetzen oder den Erfolg der Unternehmungen, in denen es begriffen ist, beeinträchtigen könnte ²).
¹) Wegen der bei Versenkung aufgebrachter neutraler Fahrzeuge möglicherweise entstehenden Entschädigungsansprüche der Ladungsinteressen ist Artikel 82, Abs. 1, Nr. 2 zu beachten.
²) Z.B. wegen schlechten Zustandes des Schiffes, Mangels an Vorräten, drohender Wiederwegnahme oder des Fehlens einer genügenden Prisenbesatzung.
²) Z.B. wegen schlechten Zustandes des Schiffes, Mangels an Vorräten, drohender Wiederwegnahme oder des Fehlens einer genügenden Prisenbesatzung.
Artikel 74
(1) Die Zerstörung von Fahrzeugen nach Artikel 72 und 73 ist nur zufällig, wenn Fahrgäste, Besatzung und Papiere des Fahrzeugs vor der Zerstörung an einen sicheren Ort gebracht sind.(2) Schiffsboote gelten nicht als ein sicherer Ort, es sei denn, daß die Sicherheit von Fahrgästen und Besatzung unter den bestehenden See- und Wetterverhältnissen gewährleistet ist durch die Nähe von Land oder die Anwesenheit eines anderen Fahrzeugs, das in der Lage ist, sie an Bord zu nehmen ¹).
¹) Der Inhalt dieses Artikels entspricht den Londoner Regeln über die Unterseebootskriegsführung.
Artikel 75
Das nach Artikel 68 Abs. 2 für sich allein beschlagnahmte Gut kann ohne weitere zerstört werden.Behandlung der Besatzung und der Fahrgäste
Artikel 76
(1) Kapitän und Offiziere aufgebrachter feindlicher Fahrzeuge sind freizulassen, wenn sie- eine neutrale Staatsangehörigkeit nachweisen, und
- ein förmliches schriftliches Versprechen abgeben, während der Dauer des Krieges auf kleinem feindlichen Fahrzeug Dienste zu nehmen.
(3) Kapitän, Offiziere und Mannschaften aufgebrachter neutraler Fahrzeuge sind freizulassen, wenn sie eine neutrale Staatsangehörigkeit nachweisen.
(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn das aufgebrachte Fahrzeug gewaltsam Widerstand geleistet oder an Kampfhandlungen teilgenommen hat ¹).
¹) Nehmen feindliche Handelsschiffe Angriffshandlungen vor oder versuchen sie, deutschen oder neutralen Handelsschiffen gegenüber ein Anhaltungs-, Durchsuchungs- und Wegnahmerecht auszuüben, so unterliegen die Schuldigen der kriegsrechtlichen Aburteilung. Das gleiche gilt, wenn neutrale Handelsschiffe an Kampfhandlungen teilnehmen oder gewaltsamen Widerstand leisten.
Artikel 77
(1) Die Fahrgäste aufgebrachter Fahrzeuge sind freizulassen ¹).(2) Ausgenommen sind:
- Angehörige der feindlichen Streitmacht,
- Personen, die die Reise machen, um sich in den Dienst der feindlichen Streitmacht zu stellen,
- Agenten des Feindes.
¹) Gegen Fahrgäste, die sich an einer gewaltsamen Widerstandleistung oder an Kampfhandlungen beteiligt haben, ist gemäß Anm. zu Art. 76 zu verfahren.
Artikel 78
Die für das Verfahren vor dem Prisengericht erforderlichen Zeugen sind nach Möglichkeit zurückzubehalten, selbst wenn sie nach Artikel 76 oder 77 freizulassen wären.Artikel 79
Mitglieder der Besatzung und Fahrgäste eines aufgebrachten Fahrzeugs, die nicht freizulassen sind, sollen nach Möglichkeit in den Hafen des Reichs oder seiner Verbündeten verbracht werden.Einziehung
Artikel 80
(1) Die Einziehung des aufgebrachten Fahrzeugs und des beschlagnahmten Guts wird durch prisengerichtliches Urteil ausgesprochen ¹).(2) Mit der Rechtskraft des Urteils wird das Reich Eigentümer des Fahrzeugs, einschließlich seiner Ausrüstung und des Guts.
¹) Das Verfahren regelt sich nach der Prisengerichtsordnung.